Ein Sieg für die Selbstbestimmung gehörloser Eltern

Das Gericht in Goslar hat entschieden: Gehörlose Kinder dürfen nicht gegen den Willen ihrer Eltern mit einem Cochlea-Implantat versorgt werden. Der Beschluss des Gerichtes geht zurück auf einen Fall, der November 2017 in der Gebärdensprachgemeinschaft und der Fachwelt hohe Wellen schlug. Ein gehörloses Ehepaar wurde von einem HNO-Arzt dazu genötigt, sich zu einem Cochlea-Implantat für ihren zweijährigen gehörlosen Sohn beraten zu lassen. Da es sich weigerte, den Beratungstermin wahrzunehmen, wurde das Jugendamt angerufen, um überprüfen zu lassen, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Es kam zu einer richterlichen Anhörung.

BODYS führte hierzu am 30.04.2018 mit zwei Vertreter/innen von GIB ZEIT e.V. eine Dialogveranstaltung durch. Den Bericht können Sie hier nachlesen: https://www.bodys-wissen.de/beitrag-anzeigen/muttersprache-ist-ein-menschenrecht.html 

Etwa eineinhalb Jahre waren die gehörlosen Eltern durch den Vorwurf der Kindeswohlgefährdung psychischen Belastungen ausgesetzt, bis das Gericht ihnen Recht gab. Weitere Informationen zum Fall finden Sie in der Deutschen Gehörlosenzeitung (Ausgabe DGZ Februar 2019 – https://gehoerlosenzeitung.de/cochlea-implantat-zwang-urteil-goslar/). Den Gerichtsbeschluss vom 29.01.2019 können Sie hier nachlesen: https://www.kestner.de/n/verschiedenes/presse/2019/Amtsgericht-Goslar_Beschluss_20190129.pdf.

Ein Wermutstropfen ist, dass der Gerichtsbeschluss ein sehr defizitäres Bild von den Möglichkeiten der lautsprachlichen Förderung durch gehörlose Eltern zeichnet, während aus Sicht der UN-Behindertenrechtskonvention vielmehr das Selbstbestimmungsrecht der Eltern sowie das Recht auf Pflege der Gebärdensprache und der Gehörlosenkultur im Fokus stehen müssen. BODYS bleibt dran am Thema Selbstbestimmungsrecht gehörloser Eltern und von Eltern mit anderen Behinderungen.

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